Von der Intuition zur wissenschaftlichen Bestätigung
Als jemand, der seit Langem im Bereich der Fledermausforschung tätig ist und die Rufe und das Verhalten dieser faszinierenden Jäger analysiert, entwickelt man ein Gespür für ihre Rolle im Ökosystem. Ich hatte die Hypothese aufgestellt, dass der Große Abendsegler (Nyctalus noctula) der ideale natürliche Feind für den invasiven Japankäfer (Popillia japonica) sein könnte.
Meine These basierte auf der Biologie: Der Abendsegler ist eine unserer größten Fledermausarten, stark, schnell und kann nachweislich große, hartschalige Käfer wie den Maikäfer erbeuten. Er schien der perfekte Kandidat, um die ökologische Lücke zu füllen, die der aggressive, aus Asien stammende Japankäfer in unseren Agrarlandschaften hinterlässt.
Nun wurde diese Intuition durch die Wissenschaft bestätigt: Die aktuelle Studie von Kelling et al. (2026) liefert zwar keinen direkten Nachweis des Japankäfers, belegt aber die übergeordnete Rolle des Großen Abendseglers als zentraler biologischer Schädlingsbekämpfer in intensiv genutzten Agrarlandschaften.
Der Große Abendsegler im Detail: Ein hochwirksamer Schädlingsvertilger
Die Forscher untersuchten die Fledermäuse mittels hochauflösendem Tracking und genetischer Diätanalyse in Nordostdeutschland. Die präzisen Daten sind einleuchtend:
23% aller konsumierten Insekten wurden als Schädlinge (landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder Plagegeister) klassifiziert.
Wichtige Agrar-Schädlinge wie der Maikäfer (Melolontha melolontha) und der Sommer-Feldmaikäfer (Amphimallon solstitiale) stehen nachweislich auf dem Speiseplan.
Die Jagd auf Schädlinge ist im Sommer am intensivsten, da die Fledermäuse in dieser Zeit die flugfähigen, reproduktiven Käfer dezimieren und so deren Ausbreitung und Eiablage verhindern.
Der Große Abendsegler ist somit nicht nur ein wichtiger Teil unseres Ökosystems, sondern ein kostenloser Ökosystem-Service für die Landwirtschaft.
Das Geheimnis der Jagd-Hotspots: Warum naturnahe Gebiete so wichtig sind
Doch die Studie zeigt auch die ökologische Abhängigkeit: Die Fledermäuse meiden reines Ackerland im Verhältnis zu seiner Verfügbarkeit (Log-Odds-Ratio ca. -0.5).
Sie zeigen jedoch eine sehr starke Präferenz für Gewässer und Feuchtgebiete (Log-Odds-Ratio ca. +0.9)! Dies sind ihre wahren Jagd-Hotspots.
Mein Beitrag: Das Jagd-Fenster präzise messen
Hier setzt mein eigenes Monitoring-Projekt an. Das Nexus-System zur Aufzeichnung von Umweltdaten spielt eine Schlüsselrolle, da Fledermäuse meteorologische Startbedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Druck) benötigen, um effizient zu jagen.
Die Fledermäuse brauchen zuverlässige, nährstoffreiche Nahrung (wie Schwärme aquatischer Zuckmücken aus den Gewässern), um ihre energieintensive Jagd zu gewährleisten.
Mit meinem TeensyBat nehme ich die Fledermausrufe auf und mit BatDetect2 analysiere ich die Rufe und Jagdbuzzes.
Die präzise Kombination dieser Daten hilft mir, die Korrelation zwischen Wetterbedingungen und der aktivsten Jagd zu dokumentieren. Wir müssen wissen, wann und wo der Abendsegler seine Energie holt, um jene naturnahen Oasen (wie die Gewässer) zu schützen, die seine Anwesenheit als Schädlingsbekämpfer auf dem Acker garantieren.
Fazit: Naturschutz ist Ernteschutz
Die wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig: Der Große Abendsegler ist ein hochwirksamer biologischer Gegenspieler für Schädlinge. Um seine unschätzbare Leistung zu erhalten, muss die Landwirtschaft umdenken.
Der Schutz kleiner Gewässer, die Erhaltung von Altholzbäumen für Quartiere und die Reduktion von Pestiziden sind keine Belastung, sondern eine Investition in ein funktionierendes, nachhaltiges System.
Wer die Fledermäuse schützt, schützt die Ernte – und das ganz ohne Gift.

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