Seiten

Dienstag, 23. Dezember 2025

Projekt NEXUS: Jahresbilanz 2025 – Entwicklung und Validierung eines mobilen Umweltdaten-Loggers für die Bioakustik

Das Projekt NEXUS präsentiert die Entwicklung und Feldvalidierung eines spezialisierten Umwelt-Datenloggers (v4.1.3) zur Unterstützung des bioakustischen Fledermausmonitorings. Durch die Implementierung eines 12-ms-Debounce-Algorithmus zur Entstörung mechanischer Anemometer-Signale sowie die Echtzeit-Berechnung der atmosphärischen Schalldämpfung via Taupunkt-Analyse (Magnus-Formel) wird eine hochpräzise Datenbasis geschaffen. Die zusätzliche Integration GPS-basierter astronomischer Parameter ermöglicht zudem die Korrelation von Detektionsraten mit verhaltensökologischen Faktoren wie der Lunar Phobia. Der NEXUS schließt damit die diagnostische Lücke zwischen physikalischen Umgebungsbedingungen und automatisierter Ruf-Analyse (BatDetect2).


Der NEXUS auf dem Weg


Autor: Jochen Roth

Datum: 23.12.2025

Fokus: Sensor-Synchronisation, Akustische Absorption und Verhaltensökologie

Einleitung und Motivation

Die Erfassung von Fledermausaktivitäten mittels passiver akustischer Überwachung (Passive Acoustic Monitoring, PAM) ist heute Standard. Eine zentrale Herausforderung bleibt jedoch die Interpretation der Daten: Umgebungsfaktoren beeinflussen massiv die Detektionsreichweite und das Rufverhalten. Das Projekt NEXUS wurde initiiert, um diese Lücke zu schließen und hochaufgelöste Umweltdaten exakt mit bioakustischen Aufnahmen zu korrelieren.

1. Methodik: Signalvalidierung und Kalibrierung (Die 12ms-Lösung)

Ein technisches Kernproblem bei der Nutzung von High-Speed-Mikrocontrollern (ESP32-S3) in Kombination mit mechanischen Sensoren ist das sogenannte Kontaktprellen („Switch Bouncing“). Bei ersten Testläufen (v4.1.0) führte dies zu physikalisch unplausiblen Extremwerten in der Windgeschwindigkeitsmessung.

Um die Datenintegrität zu gewährleisten, wurde ein zweistufiges Validierungsverfahren implementiert:

  1. Labor-Test: Mittels eines definierten Luftstroms (Referenz-Gebläse) wurde das Signalverhalten des Anemometers oszilloskopisch analysiert.

  2. Software-Filter: Auf Basis dieser Analyse wurde ein 12-ms-Debounce-Algorithmus implementiert. Dieser unterdrückt mechanische Störimpulse und stellt sicher, dass nur reale Sensor-Events verarbeitet werden.

Der heutige Feldtest (v4.1.3) bei Borchen bestätigte die Methode: Die gemessenen Böenspitzen von 8,7 m/s (31,2 km/h) korrelieren signifikant mit den Referenzdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am Flughafen Paderborn/Lippstadt.

2. Akustische Transparenz: Der Taupunkt als Korrekturfaktor

Die atmosphärische Absorption von Ultraschall ist stark temperatur- und feuchtigkeitsabhängig. Der NEXUS berechnet zur Laufzeit mittels der Magnus-Formel den exakten Taupunkt.

Durch diese Daten wird es möglich, die „akustische Transparenz“ der Luft zu quantifizieren. In der heutigen Messreihe (Tavg = 3,0°C, RHavg = 84% DP ≋ 0°C) konnte eine erhöhte Schalldämpfung prognostiziert werden. Diese Information ist essenziell für die Auswertung von Spektrogrammen, um zwischen biologischer Abwesenheit und physikalisch bedingter Nicht-Detektierbarkeit zu unterscheiden.

3. Datenfusion: Audio, GPS und astronomische Ephemeriden

NEXUS geht über ein herkömmliches Logging hinaus, indem es multidimensionale Datensätze erzeugt:

  • Audio-Synchronisation: Durch Zeitstempel-Abgleich werden NEXUS-Umweltdaten direkt mit den Audio-Aufnahmen (TeensyBat) verknüpft. Dies erlaubt eine Analyse der frequenzabhängigen Dämpfung einzelner Rufe direkt im Spektrogramm.

  • Astronomische Kontexterfassung: Mittels eines Python-Skripts werden basierend auf den GPS-Echtzeitdaten der Sonnen- und Mondstand (Elevation/Phase) für jeden Datenpunkt berechnet. Dies ermöglicht die Untersuchung ethologischer Fragestellungen wie der „Lunar Phobia“ (Vermeidung von Jagdgebieten bei hoher Luminanz) direkt im ökologischen Kontext.

4. Akademische Resonanz und Ausblick

Die Relevanz dieses „Citizen Science“-Ansatzes spiegelt sich im internationalen Interesse wider. Neben signifikanten Zugriffszahlen aus Fachkreisen in Mexiko (KI-Entwicklung/Bioakustik) wurde im Dezember 2025 eine Kooperation mit dem Zoologischen Institut der Universität Greifswald initiiert.

Fazit: 2025 markiert den Übergang des NEXUS vom Prototyping zur wissenschaftlichen Validierung. Für 2026 ist der Einsatz bei der Großen Hufeisennase in Hohenburg geplant, um die Datenbasis für automatisierte Korrekturmodelle in der Fledermausforschung zu erweitern.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

NEXUS Evolution: Vom Datenlogger zum physikalischen Interpreter

Was macht ein Maschinenschlosser an Heiligabend? Er schickt sein selbst entwickeltes Messgerät in den „Kälteschock“, um die nächste Evolutio...